Hoffen und warten

Gastbeitrag von Mirjam

Ich habe diesen Bibelvers mit der Karte zu Weihnachten geschenkt bekommen. Von einer lieben Freundin, die mich im vergangenen Jahr begleitet hat und mir immer wieder Verse und Zusprüche hat zukommen lassen. Mir ist diese Bibelstelle in diesem Jahr mehrfach begegnet und diese Zusage hat mich durch schwere Tage durchgetragen.

Die alte Lutherübersetzung schreibt: “Aber die auf den Herrn harren kriegen neue Kraft…“

Ich mag diese Übersetzung. Auf den Herrn harren…harren bedeutet (laut Deutschem Wörterbuch): sehnsüchtig warten, jemanden/etwas herbeisehnen/herbeiwünschen.

Wir, als Familie, haben uns in diesem Jahr so sehr einen neuen Platz zum Leben/Arbeiten herbeigesehnt/gewünscht. Aber Gott hatte andere Wege für uns. Wir sollten weiter hier bleiben mit anderen Aufgaben/anderen Rollenverteilungen, auch für uns als Ehepaar.

Für mich hieß es im Sommer nochmal eine ganz neue Aufgabe hier zu beginnen, plötzlich 80% zu arbeiten und sehr viel Kraft in diese neue Aufgabe zu stecken.

Es war ein schwieriger Start dort und ich musste es lernen auszuharren und meinen Blick jeden Tag neu auf Jesus, meinen Herrn, zu lenken. Was für schwere Wochen waren das in den ersten drei Monaten nach meinem Arbeitsbeginn. Denn dazu hieß es für uns als Familie weiter auszuharren und auch Rückschläge einzustecken in unserem Wunsch für einen neuen Platz für uns als Familie.

Aber ich spürte, dass Gott Kraft und Ausdauer gibt, immer für den einen Tag, der vor mir liegt. Doch es war ein Klammern an Gott und oft auch ein Zweifeln an mir selber, ob ich es schaffe.

Nach den drei Monaten spürte ich dann Stück für Stück mehr das Getragensein. Ich konnte die Ängste und die Selbstzweifel besser an Gott abgeben.

Doch es bleibt weiter ein „Harren auf den Herrn“ und auch wir als Familie müssen weiter ausharren, was Gott wohl für einen Weg/ einen neuen Platz für uns hat. Und auch weiter mit Rückschlägen oder Verzögerungen umgehen, auch Corona bedingt. Dafür brauchen wir an jedem neuen Tag wieder den Blick auf Jesus und oft auch einfach das Klammern an seine Zusagen.

Fürchte dich nicht!

Gelegentlich schreibe ich für eine regionale Sonntagszeitung eine Andacht. Diesmal war ich für den zweiten Advent eingeteilt. Sehr schnell kam ich auf die Idee, einen Text von Micha Kunze darin zu verarbeiten.

Die Ermutigung „Fürchte dich nicht!“ kommt in der Bibel ziemlich oft vor – manche sagen 365 mal (ich habe es nicht nachgezählt).
Ich lese in der Bibel. Manchmal ist es so, dass ich darin Texte lese und sie mir gut tun, mir Gedanken öffnen, mich beschäftigen. Aber manchmal ist es auch so, dass bestimmte Sätze oder Formulierungen mich aus der Bibel heraus „anspringen“. Diese Sätze entwickeln dann eine besondere Kraft.

Vor über einem Jahr hat der Satz „Fürchte dich nicht!“ bei mir eine Wirkung gehabt. Es war als wenn Gott mir darin deutlich gemacht hat: Ich kenne deine Herausforderungen, deshalb fürchte dich nicht, ich bin da!
Als ich dann einige Monate später auf den Text von Micha Kunze gestoßen bin, war dieser Text für mich ein Verstärker der Zusage Gottes.

Gott durchbricht mit seinem Licht unsere Dunkelheiten. Deshalb ist nicht immer sofort alles gut. Aber es entsteht Hoffnung und Vertrauen, dass Gott eingreift.

Wer mag, kann hier das Poetry-Video anschauen:

An Wunder glauben

Ich sitze bei frischen 20 Grad auf der Terrasse. Die Kinder schlafen noch (es sind ja Ferien). Ich lese den Bibeltext über die Speisung der 5000 und versuche mir vorzustellen, wie das wohl damals gewesen sein könnte. Dabei gehen mir verschiedene Gedanken durch den Kopf. Zugegeben: auch die Frage, ob das wirklich so passiert ist.

Der Bibeltext kann mir sagen, dass es genug ist, was ich zur Verfügung habe, auch wenn es nur sehr wenig ist. Ich muss es nur in Gottes Hände legen. Diesen Schluss kann ich ziehen, egal ob es damals so passiert ist oder nicht. Egal ob fünf Brote und zwei Fische für 5000 Menschen gereicht haben oder ob die Leute angefangen haben, zu teilen.

Aber es stellt sich die Frage danach, ob ich es für möglich halte, dass es so war, wie ich es lese. Nicht als ob davon mein Glaube abhängen würde. Ich kann an Jesus glauben und ihm vertrauen, egal wie ich den Text verstehe.

Spannender ist die Frage, ob ich an Wunder glauben kann. Mir fällt eine Zeile aus dem Text „Damn good coffee“ von Marko Michalzik ein: „Würd wieder gern an Wunder glauben“. Und ich erinnere mich an die Podcastfolge mit Patrick Senner. Wir sprachen auch darüber, ob das heute noch trägt, was wir als Kinder geglaubt haben.

Kann es sein, dass wir beim Erwachsenwerden des Glaubens verlernen, an Wunder zu glauben? Erscheint es uns immer weniger möglich, je älter wir werden und auch Enttäuschungen und Scheitern erleben? So frage ich mich.

Und dann denke ich an eine Aussage von Jesus: „Werdet wie die Kinder.“ Und ich denke an eine andere Zeile von Marko Michalzik aus dem gleichen Text: „Da ist so viel Trost im Trotzdem.“

So wie ich Jesus verstehe, geht es darum, in kindlichem Vertrauen zu glauben. Trotz der Erlebnisse, die mich anderes lehren wollen. Trotz der Meinungen, die Gott und Wunder für nicht existent erklären. Trotzdem.

Ich kann es glauben, dass Jesus es damals geschafft hat. Ich kann auch die anderen Wunder glauben. Wunder sind immer noch möglich. Auch wenn mein Verstand es nicht begreift. Denn Wunder lassen sich per Definition nicht erklären.

Dann stehe ich auf, lege zwei Scheiben Toast in den Toaster und mache mir einen richtig guten Kaffee.

Arbeitstitel: in Be-arbeit-ung

Fangen wir mal mit etwas Schönem an: Ich bin sehr dankbar für die Mitarbeiterin des Arbeitsamtes, die mich heute in 26 Minuten telefonisch durch den Onlineantrag auf Arbeitslosengeld gelotst hat. Ohne ihre Hilfe wäre ich vermutlich verzweifelt. Denn es ist das erste Mal, dass ich diesen Antrag in der Form ausfüllen musste. Zudem bin ich auch dankbar für meine Sachbearbeiterin, die mich dort betreut, sowie den Service, den ich in den letzten Monaten erfahren habe. Und ich bin dankbar in einem Land zu leben, in dem ich als Arbeitsloser nicht ins „Bodenlose“ stürze, sondern finanziell unterstützt werde und eine Weiterbildung absolvieren kann.

Es ist nicht das erste Mal in meinem Leben, dass ich arbeitslos bin. Bisher gab es kurze Zeiten vor dem Studium und vor dem letzten Stellenwechsel. Dabei war aber ja schon etwas Neues in Sichtweite und ich konnte mich auf eine neue Wirkungsstätte einstellen.
Diesmal ist es anders (Dank Corona): Ich habe noch keinen neuen Arbeitgeber und es ist auch noch nichts Konkretes in Aussicht. Deshalb fühlt es sich auch anders an.

Seit etwa anderthalb Jahren stelle ich mich auf einen Stellenwechsel ein. Seit einem Jahr bin ich aktiv auf der Suche. Manches habe ich geprüft, Manches ausgeschlossen, telefoniert, Bewerbungen geschrieben. Als es dann konkreter werden sollte, kam Corona dazwischen.
Der Fußballer Jürgen Wegmann hat mal ein treffendes Zitat dazu geliefert: „Zuerst hatten wir kein Glück und dann kam auch noch Pech dazu.“ Und so fühlt es sich auch irgendwie an. Es hat etwas von Scheitern; es eben nicht geschafft zu haben. Trotz guter Ausbildung und viel Berufserfahrung bin ich nach 28 Jahren Arbeit und Studium in der Arbeitslosigkeit gelandet. Ich möchte es nicht überspitzen, denn es gibt sicher viele Menschen, denen es deutlich schlechter geht, aber es fühlt sich schon ein wenig so an, wie ein Verlierer zu sein.

Nun kann ich es schon reflektieren und merke dabei, dass es viele Gründe gibt, dass es jetzt so ist, wie es ist. Corona hat seinen Anteil daran. Und Manches hat einfach nicht gepasst.
Ich bin auch sicher, dass es einen Weg gibt, den ich und meine Familie weiter gehen können. Wir lernen in dieser Situation, Gott zu vertrauen. Er weiß alles und er hat gute Gedanken für unser Leben.

So möchte ich diesen Eintrag auch mit einem positiven Ausblick beenden. In wenigen Wochen starte ich eine Coachingausbildung, mit der ich das nächste halbe Jahr beschäftigt sein werde. Was danach kommt, wird sich zeigen…

Wo das Wasser tief ist

„Der Text gefällt mir besser als manche von Marco Michalzik“, sagt meine Tochter zu mir, nachdem wir die ImPuls-Veranstaltung (Online-Gottesdienst des Ostfriesischen Gemeinschaftsverbandes) in der Playlist geschaut haben. Ich hatte dafür ein Poetry geschrieben und auf Video aufgenommen.
Meine Tochter und ich schätzen Marco und seine Texte sehr. Was dieser Künstler textet und produziert, hat ein sehr hohes Niveau. Jeder hat ja auch seinen eigenen Stil. Es lässt sich nicht immer alles eins zu eins vergleichen.
Ich selbst bin mir auch durchaus bewusst, dass bei mir noch viel Luft nach oben ist. Marco spielt als Poet in einer anderen Liga. Aber gerade deshalb habe ich mich besonders über dieses Kompliment gefreut.
Es geht in meinem Poetry um Petrus in einer Situation, die mich schon lange fasziniert.

Hier ist der Link zum Video:

 

Außerdem ist hier nur die Tonspur zu hören:

 

Ein kleiner Ausschnitt:
„So oft sagts du mir:
Komm und trau dich.
Doch finde den Rettungsring nicht
und auch das Tau nicht.
Ich trau mich nicht,
und werde traurig.“

T r u s t

20200212_172635Enttäuscht. Müde. Frustriert. Ja, das gibt es. Du bist dann irgendwie unmotiviert und kraftlos. F r u s t. Er lähmt. Mit Frust steht alles irgendwie unter einem negativem Vorzeichen. Das Minuszeichen lässt alles schwierig erscheinen.

Der Prophet Jesaja sagt im ersten Teil der Bibel: Stärkt die müden Hände und macht fest die wankenden Knie! (Jesaja Kapitel 35, Vers 3) In diesem Zusammenhang zeigt er auch eine hoffnungsvolle Perspektive auf.

Um dahin zu kommen, musst du das Minuszeichen entfernen. Wenn du das Minus wegnimmst, dann wird aus Frust T r u s t. Die Perspektive von Zukunft und Hoffnung, die Gott in den Frust hinein spricht, lässt Vertrauen wachsen. Darin entsteht neue Motivation und neue Kraft. Die schwachen Hände und schwankenden Knie werden wieder kräftig und fest.

Un-glaublich ver-zweifelt

Im Markusevangelium Kapitel 9, Verse 14-29 ist von einem Vater in höchst verzweifelter Lage zu lesen. Sein Sohn leidet schrecklich – und das schon seit vielen Jahren. Es kommt zu einer Begegnung mit Jesus. (Link zu bibleserver.com, wo die Geschichte nachgelesen werden kann)

In diesem Abschnitt gibt es einige Aspekte, die man näher betrachten kann. Ich möchte mich hier auf die Verse 22-24 beschränken. Ein Teil von Vers 24 ist Teil der sogenannten Jahreslosung für 2020 (Eine Art Leitspruch, der von der Ökumenischen Arbeitsgemeinschaft für Bibellesen ausgewählt wurde).

Ich glaube, hilf meinem Unglauben!

Der Bibeltext schildert eine hoch dramatische und emotional aufgeladene Szene. Der Vater ist der Verzweiflung nahe. Er bangt um seinen Sohn. Der Vater hat die Hilflosigkeit der Jesusschüler (Jünger) erlebt. Für ihn ist es noch nicht klar, ob Jesus wirklich mehr drauf hat, als seine Jünger. In seiner Verzweiflung bittet er Jesus: Wenn du etwas kannst, so erbarme dich über uns und hilf uns!

Er scheint sich nicht sicher zu sein, ob Jesus ihm wirklich helfen kann. Seine ganze Welt ist aus den Fugen geraten. Es scheint keine Sicherheiten zu geben. Auf was kann er Vertrauen? Auf wen wirklich setzen? Und doch tut er das Richtige: Er wendet sich an Jesus. Er hätte nach der Enttäuschung mit den Jüngern wütend oder traurig nach Hause gehen können. Er hätte seinen Sohn mitgenommen und allen erzählen können, wie unfähig die Jesusschüler sind.

Es gibt so viele Menschen, die wenden sich von Kirche, Gemeinde und Glauben ab, weil sie schlechte Erfahrungen mit Menschen gemacht haben. Enttäuscht, verletzt, frustriert. Niemand sollte seinen Glauben davon abhängig machen, ob ich von Menschen genug beachtet werde. Niemand sollte seinen Glauben davon abhängig machen, ob Menschen mich verletzt haben. Niemand sollte seinen Glauben davon abhängig machen, ob Menschen mich enttäuscht haben.

Ich möchte nichts davon beschönigen. Es gibt einen Spruch, der heißt: Christen können enttäuschen – Christus nie.

Wir können uns an dem verzweifelten Vater ein Beispiel nehmen. Er läuft nicht weg, sondern er wendet sich an Jesus: Erbarme dich und hilf uns. Es gibt Situationen, in denen besonders bewusst wird, wie sehr wir auf Gottes Erbarmen angewiesen sind. Wir brauchen Gottes Erbarmen – Herr, erbarme dich!

Jesus gibt manchmal eigenartige Antworten. Du sagst, wenn du kannst – Alle Dinge sind möglich dem, der da glaubt.

Geht es wirklich um unseren starken Glauben, der etwas bewegen kann? Meiner Meinung nach meint Jesus folgendes: Zu aller erst kommt es nicht auf das Können an. Das hatte die Jünger im Abschnitt irritiert. Sie hatten früher schon erlebt, wie Heilung „funktioniert“. Sie glaubten, Heilung kann man machen. So wie bei einen Zaubertrick. Man macht bestimmte Handlungen und es funktioniert.

Aber Jesus sagt: Es geht nicht so sehr um das Können. Sondern um den Glauben. Und vor allem und zuerst um seinen Glauben – Jesus glaubte daran, das der Vater ihm Macht gegeben hatte, zu heilen. In meinem Verständnis will Jesus auf seine Vollmacht hinweisen. Es geht nicht um einen mehr oder weniger starken Glauben an unseren Glauben! Sondern es geht darum, es Jesus zuzutrauen – an seine Vollmacht zu glauben.

Darum kann Paulus im Philipperbrief Kapitel 4, Vers 13 schreiben: Ich vermag alles durch den, der mich mächtig macht.

Ich kann, weil er kann. Weil Jesus alle Macht hat, will ich vertrauen und glauben, dass er mir die Kraft schenkt, die ich brauche.

Der verzweifelte Vater spürt angesichts der Worte von Jesus die eigene innere Zerrissenheit. Er schreit es förmlich heraus: Ich glaube, hilf meinem Unglauben! Noch besser könnte man lesen: Ich versuche zu glauben, hilf meinem Unglauben!

Der Mann hört die Worte von Jesus, dass alles Möglich ist, dem der glaubt. Vor allem ist Jesus alles möglich. Dieser Mann ist darin konfrontiert mit seinem eigenen Glauben. Er merkt, wie rissig und spröde dieser Glaube ist. Er spürt alle Enttäuschungen und Zweifel. Er will ja vertrauen, er will Jesus glauben, er will es ihm zutrauen. Aber da ist so viel Unsicherheit und so viel Frust. Dennoch wirft er Jesus dieses bisschen Glauben hin – diesen bisschen, was vielleicht gar nicht die Bezeichnung Glauben verdient. Er schreit es heraus.

Dieser ver-zweifel-te Mann ist ein un-glaub-lich gutes Beispiel dafür, wie wir zu Jesus kommen können. Seine Zweifel lassen in verzweifeln. Von seinen Glauben ist nur als Unglaube zu sprechen. Aber er stellt sich Jesus in den Weg und schreit es heraus.

Wir dürfen, ja wir müssen den Mut haben, zu unserem Mangel an Glauben zu stehen – zu unseren Zweifel – zu unseren Frage – zu unseren Enttäuschungen.

Viele haben nicht den Mut dazu, weil sie glauben, dass ihnen damit der Glaube abhanden kommt. Leider ist das ein gefährlicher Trugschluss. Denn wenn wir die Zweifel und Fragen immer verdrängen, dann werden sie mächtiger. Und so werden sie uns eines Tages überfallen.

Zweifel und Fragen sind völlig normal. Wer sich mit dem eigenen Glauben beschäftigt, der wird zwangsläufig mit Fragen konfrontiert.

Mein Eindruck ist, dass viele ihren Glauben verwerfen oder sich stark abgrenzen, weil sie Zweifel zu spät zugelassen haben. Denn wir meinen, dass unsere Zweifel und Fragen unseren Glauben zerstören. Wir glauben oft, dass Anfragen an unseren Glauben gefährlich sind. Wir meinen dann, unser Glaube hält dem nicht stand und lassen Zweifel deshalb nicht zu.

Neulich las ich mal einen Satz (leider weiß ich nicht mehr wo), der sinngemäß so lautet: Ich möchte nicht an einen Gott glauben, der meine Zweifel nicht aushält.

Ich finde, das ist genau der Punkt. Denn wenn wir unsere Zweifel unterdrücken, dann ist irgendwo das Gefühl da: Die Zweifel könnten Recht haben und alles kaputt machen, was ich glaube. Und ich traue es Gott darin nicht zu, größer zu sein als meine Zweifel. Aber damit mache ich die Zweifel erst recht noch größer.

Meine Zweifel sind für Gott kein Problem! Sondern sie sind ein Problem für mich!

Für mich steht fest: Zweifel müssen ausgesprochen werden. Fragen müssen gestellt werden. Frust, Verletzungen und Enttäuschungen müssen benannt werden. Vielleicht auch manchmal anderen Menschen gegenüber. Aber immer! Gott gegenüber.

Wenn du diese Dinge Gott nicht hinhältst, werden sie dich irgendwann knechten! Du wirst in deiner Enttäuschung und Verzweiflung bleiben.

Der Vater im Markusevangelium schreit seine Verzweiflung Jesus entgegen. Jesus ist die richtige Adresse. Der Mann tut das Richtige. Er bittet Jesus um Erbarmen. Er nennt ihm seine Sorgen und schreit die Verzweiflung heraus – auch seine Unfähigkeit zu glauben. Es steckt so viel Not und Enttäuschung in seinen Worten. Aber es kommt damit zu Jesus.

Manche Dinge müssen einfach mal raus.  Sie sind für Jesus kein Problem. Jesus hält das aus. Für Jesus ist nichts ein Problem. Egal, was dich beschäftigt. Es haut Jesus nicht um.

Die Jahreslosung in ihrem Zusammenhang ist eine Einladung, Jesus alles hin zu halten – unseren Glauben und unsere Verzweiflung. Wir sind herausgefordert, auf Jesus zu vertrauen – auch in den unglaublichen Situationen.

Nachklang

Fünf Tage war ich mit einer Gruppe auf der Insel Baltrum für Tage der Stille und Begegnung. Das Thema dieser Zeit war: „Der Klang“.

Um mich dem Thema zu nähern, habe ich einen kurzen Text verfasst und ihn nun aufgenommen:

Abgefahren

Es ist Februar. Ich will von Marburg zurück nach Hause fahren. Etwa 5 Stunden Zugfahrt liegen vor mir. Selbstverständlich habe ich das Ticket schon drei Monate vorher gekauft.
Ich komme rechtzeitig auf den Bahnsteig. Ursprünglich wäre ich 17:50 abgefahren. Aber der Zug wurde gestrichen. Es gab eine Störung der Weiche zwischen Frankfurt und Gießen.
Ich gehe zum Schalter im Bahnhof. Einige Leute stehen schon vor mir. Die Stimmung ist leicht angespannt. Eine Frau wollte am gleichen Tag noch in Belgien ankommen. Das wurde dann wohl nichts mehr. Ich bekomme eine Alternativroute und einen Stempel auf meinen Fahrschein. 18:20 nach Kassel. Ich besorge mir noch eine Kleinigkeit zu essen. Denn ich rechne mir aus, dass ich in Hannover bestimmt nicht mehr die geplanten 50 Minuten Aufenthalt haben werde.
Leider hat der Zug dann ab Marburg schon fast 20 min Verspätung. Während der Fahrt wurden es noch mehr. In Kassel hätte ich eigentlich einen ICE nehmen müssen. Aber je näher wir Kassel kamen, desto unwahrscheinlicher wurde es, dass ich den noch erwische.
Je näher wir Kassel kamen, desto mehr betete ich innerlich. Und ich merkte auch, dass ich innerlich unruhiger wurde. Die Chancen, dass ich am gleichen Tag noch nach Hause komme, sanken mit jeder Minute. In meinem Gehirn entstanden diverse Notfallpläne. Übernachtung in Kassel oder Hannover? Vielleicht ging noch ein Bus Richtung Ostfriesland? Oder könnte mich Mirjam weit nach Mitternacht in Oldenburg abholen? Keiner dieser Pläne schien mir besonders gut zu sein. Das Beste wäre, ich schaffe es rechtzeitig nach Hannover, um in meinen eigentlichen Zug zu steigen.
Also hab ich gebetet, dass Jesus die Sache in die Hand nehmen muss. Mir blieb nichts anderes übrig, als ihm zu vertrauen.
Kurz vor dem Aussteigen war klar, dass ich den ICE, der mir in Marburg auf den Zettel gedruckt wurde, nicht mehr schaffe. Aber an der Anzeige erschien ein anderer ICE. Der sollte auch am Gleis 3 ankommen. Wir waren auf Gleis 9. Zeit zum Umsteigen: 1 Minute.
Der Zug hält. Die Tür geht auf. Meine Position ist gut. Gefühlt 100 Leute rennen los. Die Rampe rauf. Ich habe meinen kleinen Koffer vor der Brust. Rate mal, wer den Sprint gewinnt und zuerst die Treppe zu Gleis 3 heruntergeht.
Im selben Moment fährt der Zug ein. Ich schaue auf die Anzeige. Hannover steht auch drauf. Ich steige in den ersten Wagen ein. Irgendwo finde ich noch einen freien Platz.
Dieser ICE war schnell. 275 km/h. Es war ein anderer Zug, der 30 Minuten Verspätung hatte. Aber er hat noch 8 Minuten raus geholt, so dass ich in Hannover entspannte 4 Minuten Zeit zum Umsteigen hatte. Ich bin nur sehr zügig gelaufen. Der Zug stand schon da. Ich steige ein. Geschafft. Ich komme zur ursprüngliche geplanten Zeit in Augustfehn an.
Jesus hat es gut gemacht. Danke.275kmh